Die absurde Realität, wie Menschen zu Führungskräften werden – und warum das System völlig verrückt ist
Du erinnerst dich an deine ersten Fahrstunden
Übungsplatz. 20 km/h. Fahrlehrer neben dir.
„Kupplung kommen lassen. Nicht so ruckartig. Gas geben. Bremse.“
Woche für Woche. Schritt für Schritt. Bis du sicher warst.
Dann die erste Landstraße. Aufregend, aber machbar.
Irgendwann die Autobahn. Mit Fahrlehrer. Bei gutem Wetter. Wenig Verkehr.
So lernst du Autofahren.
Jetzt stell dir vor, dein Fahrlehrer hätte gesagt: „Hier ist der Schlüssel zum Porsche. Das da ist die A7. Berufsverkehr. Baustelle bei Kilometer 50. Regen. Ach, und die Bremsen sind etwas schwammig. Viel Erfolg.“
Das wäre irre, oder?
Genau so lernst du Führung.
Die Leadership-Fahrschule, die es nicht gibt
Was eine normale Fahrausbildung beinhaltet
Theorie: Verkehrsregeln, Schilder, Vorfahrtsregeln Praxis: Übungsplatz, dann schrittweise schwierigere Strecken Begleitung: Erfahrener Fahrlehrer bis zur Prüfung Sicherheit: Doppelpedale, ruhige Umgebung für Fehler
Was eine Leadership-Ausbildung beinhalten müsste
Theorie: Wie Menschen ticken, Gruppendynamik, Entscheidungsfindung Praxis: Kleine Teams, dann schrittweise größere Verantwortung
Begleitung: Erfahrener Mentor während der ersten Jahre Sicherheit: Raum für Fehler ohne existenzielle Konsequenzen
Was du stattdessen bekommst
„Theorie“: Ein 2-Tage-Seminar über „Moderne Führung“ „Praxis“: Hier ist dein Team. Funktioniert bitte. „Begleitung“: Dein Chef hat keine Zeit für dich „Sicherheit“: Jeder Fehler wird bewertet und kann dich den Job kosten
Das ist wie Autofahren lernen bei 200 km/h ohne Fahrlehrer.
Die verschiedenen Verkehrssituationen auf der Leadership-Autobahn
Der dichte Berufsverkehr: Das täglich Geschäft
Situation: 50 Emails, 8 Meetings, 3 Krisen gleichzeitig.
Was du brauchst: Multitasking-Fähigkeiten, Prioritätensetzung, Stressresistenz.
Was du hast: Die Hoffnung, dass du alles schaffst.
Echtes Beispiel: Marcus, neuer Produktionsleiter: „Erste Woche: Maschine kaputt, Lieferung verspätet, zwei Mitarbeiter krank, Kunde beschwert sich. Ich dachte: Das ist wie 5 Unfälle gleichzeitig. Wo fange ich an?“
Die Baustelle: Unternehmenskrisen
Situation: Umstrukturierung, Entlassungen, Notfallpläne.
Was du brauchst: Krisenmanagement, Change-Kompetenzen, emotionale Stabilität.
Was du hast: Panik und den Wunsch, dass es schnell vorbeigeht.
Echtes Beispiel: Sandra, HR-Direktorin: „Corona kam und wir mussten innerhalb einer Woche auf Remote umstellen. Keine Handbücher, keine Erfahrung. Learning by doing bei 300 Mitarbeitern.“
Die Geisterfahrer: Schwierige Mitarbeiter
Situation: Menschen, die gegen alles sind, was du vorschlägst.
Was du brauchst: Psychologie-Kenntnisse, Konfliktlösung, Durchsetzungsvermögen.
Was du hast: Guten Willen und die Hoffnung, dass sie sich ändern.
Echtes Beispiel: Thomas, Teamleiter: „Klaus war seit 20 Jahren im Unternehmen. Widersprach jeder meiner Entscheidungen. Vor allen anderen. Ich wusste nicht: Konfrontieren? Ignorieren? Mit ihm sprechen? Das stand in keinem Lehrbuch.“
Die Spurwechsler: Politik im Unternehmen
Situation: Machtkämpfe, Intrigen, versteckte Agendas.
Was du brauchst: Politisches Gespür, Netzwerk-Fähigkeiten, strategisches Denken.
Was du hast: Die naive Annahme, dass alle rational handeln.
Echtes Beispiel: Robert, Vertriebsleiter: „Ich dachte, der beste Plan gewinnt. Dann merkste: Der Abteilungsleiter spielt Golf mit dem CEO. Meine Zahlen waren egal.“
Die Notbremsung: Personalkrisen
Situation: Burn-out, Kündigungen, private Dramen deiner Mitarbeiter.
Was du brauchst: Empathie, psychologisches Verständnis, rechtliche Kenntnisse.
Was du hast: Gute Absichten und die Hoffnung, nichts falsch zu machen.
Echtes Beispiel: Lisa, Teamleiterin: „Mitarbeiterin kommt zu mir: ‚Mein Mann schlägt mich.‘ Ich denke: Bin ich Sozialarbeiterin? Therapeutin? Was sage ich? Was darf ich fragen?“
Warum so viele auf der Leadership-Autobahn crashen
Sie fahren mit den falschen Erwartungen
Sie denken: „Führung ist wie mein alter Job, nur mit mehr Verantwortung.“
Die Realität: „Führung ist ein völlig anderer Job.“
Sie vertrauen auf ihre Anfänger-Reflexe
In kritischen Situationen machen sie, was sich richtig anfühlt.
Aber Führungs-Intuition entwickelt sich erst mit Erfahrung.
Sie fahren allein
Kein Beifahrer. Kein Navigationssystem. Kein Funk mit anderen Fahrern.
Wenn sie falsch abbiegen, merken sie es zu spät.
Sie haben Angst vor Fahrfehlern
Also fahren sie übervorsichtig. Oder übermütig.
Beides ist gefährlich.
Die Überlebens-Strategien für die Leadership-Autobahn
- Akzeptiere: Du fährst im Verkehr
Du wirst nicht perfekt vorbereitet sein. Das ist normal.
Aber du kannst defensiv fahren. Aufmerksam. Lernbereit.
- Hol dir einen erfahrenen Beifahrer
Einen Coach, der schon tausende Kilometer auf der Leadership-Autobahn hinter sich hat.
Der warnt: „Achtung, hier wird’s gefährlich.“ Der beruhigt: „Das packst du. Ich erkläre dir, wie.“
- Lerne von anderen Fahrern
Andere Führungskräfte haben ähnliche Strecken hinter sich.
Frag sie: „Wie seid ihr durch die Baustelle gekommen?“
- Entwickle Fahrroutine
Für wiederkehrende Situationen entwickelst du Standard-Prozesse.
Schwierige Mitarbeitergespräche: Immer gleiche Struktur. Wichtige Entscheidungen: Immer gleiche Informations-Beschaffung. Team-Konflikte: Immer gleiche Moderations-Methode.
- Übe das Fahren auch mal langsam
Nicht jede Situation erfordert Autobahn-Tempo.
Manchmal kannst du bewusst langsamer machen. Nachdenken. Üben.
Was passiert, wenn du fahren lernst
Du entwickelst Fahrgefühl
Anfangs: Jede Situation ist neu und erschreckend. Nach einem Jahr: Du erkennst Muster und reagierst instinktiv richtig.
Du wirst mutiger
Du traust dich an schwierigere Strecken. Überholmanöver. Komplexe Kreuzungen.
Du hilfst anderen Fahranfängern
Du erkennst andere Führungs-Fahranfänger und hilfst ihnen.
Du wirst selbst zum Beifahrer.
Die Leadership-Autobahn meistern: Dein Fahrplan
Woche 1-4: Orientierung
- Wo bin ich auf der Autobahn?
- Wie schnell fahre ich gerade?
- Wer sind die anderen Verkehrsteilnehmer?
Monat 2-3: Defensive Fahrweise entwickeln
- Sichere Abstände halten (nicht überhastet entscheiden)
- Spiegel checken (Feedback einholen)
- Aufmerksam bleiben (Warnsignale erkennen)
Monat 4-6: Erste Überholmanöver
- Schwierige Gespräche führen
- Unpopuläre Entscheidungen treffen
- Konflikte lösen
Jahr 1: Routine entwickeln
- Standard-Prozesse für wiederkehrende Situationen
- Support-Netzwerk aufbauen
- Aus Fehlern lernen ohne zu crashen
Die Zukunft der Leadership-Autobahn
Sie wird schneller. Digitalisierung beschleunigt alle Prozesse.
Sie wird voller. Mehr Konkurrenz, mehr Druck.
Sie wird komplexer. Neue Verkehrsregeln, unbekannte Streckenführung.
Aber das Grundprinzip bleibt: Du lernst, während du fährst.
Die erfolgreichsten Leader der Zukunft sind nicht die perfekten Fahrer.
Es sind die anpassungsfähigsten Fahrer.
Die mit neuen Strecken umgehen können. Die bei Stau ruhig bleiben. Die anderen helfen, wenn sie Probleme haben.
Du bist bereits auf der Autobahn.
Die Frage ist nicht, ob du fahren kannst.
Die Frage ist: Wie schnell lernst du es?
Und: Wer sitzt neben dir und hilft dir dabei?
PS: Falls du gerade das Gefühl hast, zu schnell zu fahren für deine Fähigkeiten: Das ist normal. Jeder erfolgreiche Leader hatte diese Phase. Sie geht vorbei.
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